Tag 9 - Wechselwirkung zwischen Körper und Geist

DIE WECHSELWIRKUNG ZWISCHEN KÖRPER UND GEIST

Willkommen zum letzten Kursblock in Vorbereitung auf deinen Rauchstopp! Du hast in den vergangenen Tagen vermutlich eine Menge über die Zigaretten und dich selbst erfahren. In Bezug auf die Rauchsituation –was für unterschiedliche Gefühle sind dir da begegnet?

Den meisten Raucherinnen und Rauchern geht es so, dass sie mit dem Glimmstängel ständig eine Achterbahn von Emotionen durchlaufen. Da sind die absoluten Lieblingszigaretten, meistens mit einem Wohlgefühl verknüpft: Entspannung, Erleichterung, Gemütlichkeit, Geselligkeit, Auszeit, dem Stress entkommen. So viele scheinbar positive Empfindungen kann dieses kleine brennende Papierstäbchen auslösen! Aber ist das wirklich wahr?

Dass es die Laune massiv beeinflussen kann, zeigen uns die Situationen, in denen wir den kleinen Freund zum Teufel wünschen: Das sind die Zigaretten, die in völliger Hektik geraucht werden. Diejenige, die die Kopfschmerzen noch schlimmer werden lässt. Oder mit der man sich als absolut schlechtes Vorbild für den Nachwuchs fühlt, vor allem, wenn man beim heimlichen Inhalieren des Qualms erwischt wird. Auch in einem dieser gläsernen Raucher-Unterstände wie im Zoogehege unwürdig zur Schau gestellt fühlen Raucher sich mies.

Ärger, Scham, Wut auf sich selbst, ebenso wie die wohligen Gefühle, völlig eins mit sich und der Zigarette zu sein– was davon ist wirklich wahr?

Die Antwort mag überraschen: Weder das eine noch das andere hat tatsächlich etwas mit dem Rauchen zu tun! Alle diese Emotionen sind stets Illusionen gewesen, bis heute. Situationen und Gefühle passieren völlig unabhängig davon, ob eine Person raucht oder nicht. Aufgrund sehr raffinierter Manipulationen sehen Raucher dies jedoch lange anders. Und doch stellt sich auch bei den überzeugtesten unter ihnen nach einiger Zeit ein diffuses Gefühl ganz tief im Inneren ein, dass da etwas nicht stimmt. Lügen senden auf Dauer Störgefühle aus. Diese unangenehmen Empfindungen sind dann letztlich der Grund dafür, sich überhaupt intensiv mit dem Thema des Aufhörens zu beschäftigen.

Es gibt eindrucksvolle Übungen, die uns zeigen, wie leicht jeder Mensch zu manipulieren ist. Zwei davon möchte ich dich einladen einmal auszuprobieren. Sie verdeutlichen, dass Manipulation nicht zwangsläufig nur von außen auf uns einwirken muss, sondern genauso in uns selbst entstehen kann.
Zum anderen machen sie anschaulich, dass die Wechselwirkung zwischen Körper und Geist beim Manipulieren im Negativen wie auch im Positiven genutzt werden können – das ist die gute Nachricht.

Für die erste Übung stell‘ dich bitte so hin, dass du mit auf Schulterhöhe ausgebreiteten Armen nirgendwo anstößt. Strecke also die Arme seitlich aus, die Füße stehen hüftbreit nebeneinander, die Beine sind gerade. Drehe dann aus der Taille heraus den Oberkörper nach rechts so weit, wie du kannst. Dein Blick folgt dem Mittelfinger der rechten Hand, der Unterkörper bleibt unverändert stehen. Wenn du am Maximum der Drehung angekommen bist, markiere im Geiste den Punkt im Raum, auf den dein Mittelfinger zeigt. Drehe dann langsam den Oberkörper wieder zurück bis in die Ausgangsstellung. Atme die ganze Zeit langsam und tief.

Nun nimm die Arme herunter und schließe die Augen. Stelle dir jetzt bitte vor, du wärst eine Eule. Nun drehst du im Geiste deinen Eulenkopf langsam über die rechte Schulter; drehst den Kopf noch weiter bis über den Rücken, drehst ihn noch ein Stück weiter, bis hin zur linken Schulter und fast bis nach vorn, beinahe um 360 Grad. Dann lenkst du den Kopf der Eule wieder behutsam zurück, zunächst über die linke Schulter, dann über den Rücken – scanne dabei den ganzen Raum, in dem du dich befindest.

Schau‘ weiter über die rechte Schulter und wieder bis ganz nach vorn. Diese sehr weite Bewegung des Eulenkopfes wiederholst du mit geschlossenen Augen ein weiteres Mal. Nimm‘ wieder in einer fast vollständigen Drehung hin und zurück den ganzen Raum wahr und kehre danach in die Ausgangsposition zurück.
Öffne die Augen wieder und hebe die Arme erneut auf Schulterhöhe an. Drehe jetzt noch einmal den Oberkörper nach rechts und verfolge mit deinem Blick den ausgestreckten rechten Mittelfinger – und schau‘ einmal, wie weit du jetzt kommst!

Diese ganz simple Übung aus dem mentalen Training nutzen Spitzensportler, um einen bestimmten Bewegungsablauf zu verinnerlichen, und genauso, um vermeintliche körperliche Grenzen zu verschieben. Unzählige Beispiele haben längst bewiesen, dass der Geist den Körper hervorragend im positiven Sinne zu Leistungssteigerungen animieren kann.

Geht das auch andersherum? Kann der Körper umgekehrt den Geist beeinflussen und mentale Ergebnisse erzielen? Probier‘ es aus:

Für die zweite Übung brauchst du lediglich einen Spiegel. Noch nicht einmal gute Laune ist nötig. Im Gegenteil, gerade wenn einem überhaupt nicht nach Lachen zumute ist oder wenn man sich etwas albern dabei vorkommt, lohnt sich der Versuch. Schau‘ also in den Spiegel und ziehe nun mit geschlossenem Mund beide Mundwinkel so weit wie möglich nach oben. Bitte nicht nachlassen, sondern immer wieder nachbessern und willentlich die Mundwinkel tapfer weiter nach oben ziehen, mindestens 60 Sekunden lang.

Du kannst nicht verhindern, dass nach kurzer Zeit ein Muskel am Mundwinkel auf einen Nerv drückt, der dem Gehirn sagt: Gehirnbesitzer lacht! Als Antwort werden prompt Freudehormone produziert. Dieser Vorgang dauert 10 Sekunden bei einem echten Lachen. Bei unserem unechten Beispiel dauert es circa 60 Sekunden, und diese muss man durchhalten. Die Belohnung des Selbstbetrugs: Die gleichen Endorphine werden in die Blutbahnen geschickt und als Effekt steigt die Laune gefühlt tatsächlich gleich um ein paar Grad an.

Du kannst die 60 Sekunden zusätzlich positiv nutzen, etwa mit Nachdenken. Z. B. nach einem kürzlich erlebten negativen Auslöser von Ärger oder Frust überlegst du dann: Ist es wirklich nötig, mich darüber aufzuregen? Komme ich meinen höheren Zielen näher, wenn ich es ihm oder ihr mit gleicher Münze heimzahle? Im Idealfall geht das vorgetäuschte Grinsen an diesem Punkt in ein wirkliches Schmunzeln, vielleicht sogar (echtes) Lachen über!

Vorbeugend mache es dir doch zur Angewohnheit, über den Tag verteilt immer mal wieder die Mundwinkel willentlich hochzuziehen. 3 x 1 Minute oder 6 x 30 Sek., z. B. an der roten Ampel oder beim Händewaschen, reichen schon aus und bedeuten jedes Mal eine Mini-Erholung für den angestrengten Geist. Dass deine gute Laune nicht nur aufs eigene Immunsystem abfärbt, sondern auch auf deine Mitmenschen, ist von der Psychoneuro-Immunologie längst bewiesen. Also sei ganz egoistisch – zeige dein Lächeln!

Gute Stimmung und Zuversicht sind übrigens auch die besten Voraussetzungen für die Umsetzung wichtiger Vorhaben. So wie du ein ganz besonderes Ziel anvisiert hast, als du dich für dieses Vorbereitungs-Programm zum Rauchstopp entschieden hast.

Mach morgen den entscheidenden Schritt! Ich freue mich mit dir, 
deine Regina Hildebrandt