Tag 28
Die Freiheit feiern!
Heute heiße ich dich mit einer Fanfare willkommen und würde dir am liebsten eine Krone aufsetzen! Du hast tatsächlich vier Wochen, einen ganzen Monat, rauchfrei erlebt. Etwas, das sich die meisten Raucherinnen und Raucher überhaupt nicht vorstellen können – und du bis vor kurzem noch genauso wenig, vermute ich.
Weißt du, wie man einem Elefanten beibringt nicht fortzulaufen?
In Indien werden heute immer noch Elefanten als Helfer bei der Arbeit eingesetzt, um schwere Lasten wie etwa Baumstämme zu bewegen. Diese Arbeitselefanten sind lediglich mit einem dünnen Strick an einem in die Erde geschlagenen Holzpflock festgebunden.
Für ein Tier mit der Kraft eines solch ausgewachsenen Arbeitselefanten dürfte es nur eines kleinen Rucks bedürfen, um den Strick zu zerreißen oder den Pflock nieder zu trampeln. Dass er das nicht tut hängt mit seinen frühesten Erfahrungen mit diesem unscheinbaren Seil zusammen. Schon als er noch ein Baby war, wurde er an den Strick gewöhnt. Jedes Mal, wenn er sich fortbewegen wollte, zog es ihn an seinen Platz zurück. So lernte der kleine Elefant bald, dass der Strick bestimmte, wie weit er gehen durfte. Egal, wie oft er es probierte, der Strick hinderte ihn am Weglaufen und schränkte seinen Aktionsradius immer mehr ein. Denn der Elefant wurde ja größer und wollte eigentlich mehr Bewegung haben. Aber schon lange, bevor er ausgewachsen war, hatte er seinen Kampf gegen den Strick aufgegeben. Er hatte akzeptiert, dass da etwas war, das offenbar stärker war als er selbst
Du hast natürlich längst durchschaut, weshalb ich dir diese Geschichte erzähle: Auch Menschen glauben häufig an Dinge, die sich im Nachhinein als Illusionen herausstellen.
Dass das Rauchen eine riesige Spielwiese für Illusionen ist, das hast du schon lange geahnt. Und in den vergangenen Wochen haben wir uns etliche dieser trügerischen Überzeugungen angeschaut. Wie lautet die Grundüberzeugung von Rauchern? Genau, sie heißt „Genuss“, „Gewohnheit“, „kleiner Helfer“ in jeder Lebenssituation – aber das sind alles vorgeschobene Gründe.
DER eine Hauptgrund, weshalb du mit dem Rauchen aufhören wolltest, so behaupte ich, war die Freiheit! So wie der kleine Elefant früh lernen musste, dass etwas, das gar nicht stark ausschaut, trotzdem Macht über ihn hatte, so haben auch wir schon mit den ersten Zigaretten gelernt, dass dieses dünne Stäbchen aus Tabak und Papier uns regelrecht dressieren konnte. Irgendwann akzeptierte man, dass es halt nicht OHNE geht bzw. dass sich damit vieles sogar scheinbar besser anfühlte.
Ich werde manchmal gefragt, was ich im Nichtraucher-Coaching denn mit den Rauchern anstelle, wenn ich doch nicht auf abschreckende Bilder, Drohungen oder Alternativprodukte setze. Passiert da etwa eine Gehirnwäsche? Das ist die bange Vermutung dahinter.
Da ist sogar etwas dran. Denn um Gehirnwäsche handelt es sich bei den Arbeitselefanten ebenso wie bei Rauchern, die frühzeitig und unablässig mit falschen Informationen gefüttert werden, bis sie diese glauben.
Deshalb ist das Vorgehen beim Rauchstopp wie eine Transformation, bei der du dich zwar von einem Raucher/einer Raucherin hin zum Nichtrauchen umwandelst. Aber diese Entwicklung stellt sich mir als eine „Gehirnwäsche rückwärts“ dar. Du bist ja nicht als Raucher/in auf die Welt gekommen. Du wurdest irgendwann zum Raucher, zur Raucherin gemacht, und jetzt kehrst du zum Normalzustand zurück, legst also die jahrelang von Gehirn akzeptierten Überzeugungen wieder ab.
Das Perfide beim Rauchen ist ja, dass die Gehirnwäsche weder mit körperlichen Schmerzen noch zunächst mit Einschränkungen verbunden war. Diese Begleiterscheinungen wie z. B. Rauchverbote, gesellschaftliche Ächtung usw. wurden erst nach und nach als lästig empfunden. Irgendwann dämmerte die Erkenntnis, dass da etwas stärker ist als ich; dass mein freier Wille gar nicht mehr zählt, wenn das Verlangen nach der Zigarette, nach dem Suchtstoff Nikotin, übermächtig wird. Ja, wir haben tatsächlich die Macht abgegeben; die Macht zu entscheiden, was wir tun, wann wir es tun, wie wir planen, was wir meiden – in praktisch allen Lebensbereichen hatte noch jemand die Hand im Spiel und hat uns zur Marionette gemacht.
DAS ist nach meiner Überzeugung der Hauptgrund, weshalb du dich aufgemacht hast in Richtung Ausgang aus der Raucherfalle. Du hast dieses Ziel nicht nur wieder einmal geträumt, sondern auch umgesetzt! Glückwunsch!
Ich möchte zusammen mit dir noch einmal Revue passieren lassen, was auf diesem Weg in den vergangenen 28 Tagen geschehen ist. Lass‘ uns zuerst einen Blick zurück, dann auf die Gegenwart und zum Schluss in die Zukunft richten. Dabei lässt sich der Prozess, die Wandlung vom Rauchen zu dem ursprünglichen Zustand des Nichtrauchens, recht gut erkennen. Auch diese Veränderung hast du selbst herbeigeführt.
Diese Entwicklung solltest du nicht als Rückkehr geschweige denn als Rückschritt zu dem, was einmal war, betrachten. Schließlich hast du in all den Jahren, die du mit dem Rauchen verbrachtest, dein Leben gelebt. Die Zigarette war ein Attribut, das dich begleitet hat, mit dem du bestimmte Erfahrungen gemacht hast und was dich recht früh zu deinen Raucher-Überzeugungen gebracht hat.
Um diese haben wir uns ausgiebig gekümmert und eins nach dem anderen von den weit verbreiteten Rauchermustern auf den Prüfstand gestellt.
Zunächst haben wir in der ersten Woche deine wichtige Entscheidung immer weiter gefestigt. Das war der Beginn der Gegen-Gehirnwäsche. In Woche 2 und 3 haben wir Signale des Körpers und des Geistes verstehen gelernt und damit als normal und gut zu bewältigen eingestuft.
Woche 4 war dann dem Training der neuen Verhaltensmuster gewidmet. Und mit dieser Zeitspanne insgesamt hast du den Grundstein für stabile neue Verhaltensweisen gelegt. Nach rund 30 Tagen nämlich beginnen sich Veränderungen in Normalität zu verwandeln, wird intensiv Gelerntes zum Wissen auf Dauer.
Für den Ausblick in die Zukunft möchte ich dir eine weitere Geschichte erzählen:
Sie handelt von einem Mädchen, das 1940 im US-Bundestaat Tennessee als Frühchen zur Welt kam, an Lungenentzündung, Scharlach und schließlich Kinderlähmung erkrankte und von den Ärzten die Diagnose erhielt, dass sie nie würde laufen können. Weder ihre Mutter noch ihre Geschwister und schon gar nicht sie selbst fanden sich allerdings mit diesem Urteil ab. Über Jahre ließ die Mutter nicht nach, die Beine ihrer kleinen Tochter täglich einzureiben und zu massieren. Und das Kind entwickelte einen unbändigen Wunsch nach Bewegung, den eisernen Willen aufzustehen, sodass sie im Alter von 6 Jahren tatsächlich das Laufen lernte, zunächst mit einer Schiene. Mit 11 Jahren spielt sie schon mit ihren Brüdern Basketball und wird schließlich als 15-Jährige von einem Leichtathletik-Coach als Sprinterin entdeckt. Der Teenager läuft wie im Rausch, wird besser als alle Mädchen an ihrer Schule, in ihrer Stadt, des Bundesstaates und nimmt ein Jahr später zum ersten Mal an Olympischen Spielen teil.
1956 wurde die Sportwelt auf das Laufwunder aufmerksam, das in Melbourne mit seiner Staffel über 4 x 100 Meter seine erste Olympia-Medaille holte. Zur Legende wurde die junge Frau endgültig bei den olympischen Spielen in Rom. 1960 gewann sie dort 3 Goldmedaillen über 100 m, 200 m und erneut mit dem Staffelteam. In den Einzeldisziplinen brach die als „schwarze Gazelle“ berühmt gewordene Sprinterin 2 Weltrekorde.
Seit dem Jahr 2000 trägt übrigens eine Gesamtschule in Berlin-Zehlendorf ihren Namen: Es ist die Wilma-Rudolph-Oberschule.
Warum erzähle ich dir diese Geschichte? Nun, wie in der Chronik der Schule betont wird, sollten mit der Namensgebung nicht nur Wilmas sportlichen Siege und Erfolge geehrt werden. Es ist vor allem der unbedingte Wille zur Überwindung von Schwierigkeiten, das Verfolgen eines Ziels unabhängig davon, was andere sagen oder prophezeien. Wie schön, so etwas den ganz Jungen, den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln. Und wie schön, diese Geschichte vielleicht auch für sich selbst als Ansporn für das Erreichen eines starken Zieles zu nutzen.
Bleib‘ dabei nicht nur passiv: Unterstütze deinen Körper und deinen Geist mit allem, was dir zur Verfügung steht: Klug eingesetzte Elemente aus der Ernährung, der Bewegung im Alltag und den kürzlich trainierten Mentalübungen werden deine Lebensqualität schnell wieder auf das Level zurückbringen, das für dich eigentlich hier und jetzt vorgesehen ist.
Ich bedanke mich bei dir, dass du konsequent bei unserer Reise dabeigeblieben bist. Lass‘ mich gern wissen, wie es bei dir weitergeht. Ich stehe dir für Nachfragen und weitere Unterstützung gern jederzeit zur Verfügung.
Damit verabschiede ich mich und wünsche dir ganz viel Energie und vor allem Freude am Erfolg!
Deine Regina Hildebrandt