Tag 4
Freund oder Feind – Kann man Zigaretten lieben und hassen?
Willkommen zum nächsten Thema auf den Weg zu deinem geplanten Ausstieg aus dem Rauchen. Nach den wichtigsten Körpersysteme, die bei Raucherinnen und Rauchern besonders betroffen sind, wechseln wir nun auf die mentale Ebene und damit – du ahnst es schon lange – zum eigentlichen Kern deiner so genannten „Angewohnheit“. Lass’ uns die emotionale Verbindung zur Zigarette und zu den verschiedenen Rauchsituationen näher beleuchten, schauen wir uns also die Gefühlswelt von Raucherinnen und Rauchern einmal genauer an.
Ebenso unterschiedlich wie die Anlässe zum Rauchen sind, so vielfältig werden die Zigaretten auch von Rauchern beurteilt – von sehr wohlwollend bis extrem ablehnend! Ist es tatsächlich so, dass jede Zigarette besondere Eigenschaften hat?
“Ich bin eine Stressraucherin! Ich bin eher der gesellige Raucher! Wenn ich entspannt oder im Urlaub bin, rauche ich weniger. Bei Langeweile rauche ich eine nach der anderen. Die Zigarette hilft mir, wenn ich niedergeschlagen bin. Wenn ich eine tolle Nachricht erhalte, muss ich mir sofort eine anzünden! Ich rauche, weil mir Zigaretten einfach schmecken! Manchmal bin ich genervt, wenn ich nachmittags in meine Schachtel gucke und sie schon wieder fast leer ist. Und manchmal weiß ich gar nicht, weshalb ich mir eine anstecke, zum Beispiel, wenn ich Kopfschmerzen habe. Oder wenn ich dadurch noch mehr in Zeitnot gerate. Ich rauche gern – aber der Geruch ist mir zunehmend zuwider. Ich wünschte, es wäre weniger auffällig und peinlich, von anderen beim Rauchen angestarrt zu werden.“
Wenn du dich in diesen und ähnlichen Aussagen wiederfindest, bist du in guter Gesellschaft. Genauso wie die meisten Raucher und Raucherinnen sich selbst fragen, wieso man raucht, obwohl man doch ein aufgeklärter Mensch ist. Warum man über alle Risiken Bescheid weiß und trotzdem die Finger nicht von der Zigarette lassen kann.
Kaum ein Gegenstand des täglichen modernen Lebens ist so ausgiebig untersucht worden wie die Zigarette. Sie begleitet uns bereits seit dem 15. Jahrhundert, nachdem die spanischen Eroberer die ersten Tabakblätter von den Bahamas mit nach Hause brachten.
Viele fanden schnell Gefallen an dem neuen Genuss in Form von Zigarren, Zigarillos, Pfeifen, Kau- und Schnupftabak. Andere, wie etwa die katholische Kirche in Mexiko, brandmarkten schon 1575 das Rauchen als heidnische Sitte. Johann Wolfgang von Goethe wird folgende Äußerung zugeschrieben: „Das Rauchen macht dumm; es macht unfähig zum Denken und Dichten.“ Auch kuriose Vorteile sind überliefert: In den 1950er Jahren galt das Rauchen am Steuer hierzulande sogar als medizinisch empfehlenswert, da das Nikotin „wachhalte und deshalb zur Sicherheit im Straßenverkehr“ beitrüge. In Werbung, Film, Funk und TV leisteten dann vor allem Prominente bis in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts für das Image des Rauchens ganze Arbeit.
Bis vor kurzem allerdings ging’s bergab mit dem Image des Geschmacks von Freiheit und Abenteuer. Dafür boomt der Markt der Alternativprodukte. Der Trend bei den Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren geht zu Shishas sowie elektronischen stylischen Produkten wie E-Zigaretten. Das clevere Marketing für iQuos und Co. wirkt. Neueste Entwicklung jedoch: Nachdem die Raucherquote in Deutschland zwischenzeitlich bei rund 23 Prozent der Erwachsenen lag, ist sie in den vergangenen knapp drei Jahren um rund 4 Millionen Betroffene wieder auf über 30 Prozent gestiegen.
Ob elektronisch oder ganz klassisch aus Papier und Tabak – Raucherinnen und Raucher sind mit dem Glimmstängel physisch und emotional verbunden. Geht es also nur um einen Belohnungsmechanismus im Gehirn oder eher um gefühlsmäßige Verbindungen? Ist man ihnen hilflos ausgeliefert oder sind sie auch wieder lösbar?
Erforschen wir also deine unterschiedlichen Gefühle und Empfindungen in den vielfältigen Rauchsituationen. Nimm’ dir dazu etwas zum Schreiben oder, wenn dir das mehr liegt, dein Smartphone zur Hand. Und schon kann es losgehen: Es ist völlig unerheblich, wann du die Erste des Tages rauchst, ob vor oder nach dem Frühstück, in der ersten Arbeitspause oder vielleicht erst am Nachmittag. Notiere dir bei dieser Zigarette bitte vier Dinge:
- Was empfinde ich körperlich?
- Welches Gefühl löst sie bei mir aus?
- In welcher Stimmung drücke ich die Zigarette aus? Und
- In was für einer Situation habe ich die Zigarette geraucht?
Verfahre mit diesem Mini-Fragenkatalog auch bei allen weiteren Zigaretten des Tages; wenn du magst, nutze die im Anhang beigefügte Tabelle. Meine Bitte dabei: Sei so ehrlich wie möglich. Es geht hier keineswegs darum, die Emotionen und Situationen positiv oder negativ zu bewerten. Formuliere so neutral wie möglich, als würdest du einem Unbeteiligten deine Beobachtungen schildern. Auch soll die kleine persönliche Erhebung nicht dazu führen, etwa deinen Konsum einzuschränken. Deshalb reicht es völlig aus, wenn du die Übung nur heute und evtl. noch morgen durchführst.
Im letzten Baustein unseres Anlaufs zum Rauchstopp werden wir dann schauen, wie wir gemeinsam den Nebel auf das Ziel lichten und dich fit für den Absprung machen. Freu’ dich darauf, denn du selbst hast es in der Hand!
Deine Regina Hildebrandt
Hildebrandt Personalentwicklung & Prävention Bussestr.13 22299 Hamburg Telefon 040-57 26 12 51 info@hildebrandt-pp.de