Tag 1
Ein Training für den Atemtrakt
Wie holst du denn überhaupt Luft? Unsere Atmung ist der unmittelbarste Ausdruck von lebendig sein. Es ist die Lebensäußerung, die uns direkt mit unserer Umgebung und im wahrsten Wortsinn mit der restlichen Welt verbindet. Wir teilen unsere Atemluft quasi mit allen Lebewesen rund um die Erdkugel. In der yogischen Lehre steht diese als Prana bezeichnete Energie deshalb nicht zufällig im Zentrum aller körperlichen und meditativen Übungen.
Bei Raucherinnen und Rauchern sind Lunge und Bronchien häufig die ersten Bereiche im Organismus, die Hinweise auf die unnatürliche Belastung durch das Rauchen geben. Es pfeift und rasselt; man mag gar nicht mehr tief bis in die Lungenspitzen einatmen. Vielen Rauchern geht im Laufe der Zeit buchstäblich die Puste aus, zunächst beim Sprint zum Bus, beim Herumtollen mit den Kindern, irgendwann auch beim Treppensteigen und nach und nach schwindet der Drang zu Bewegung, geschweige denn zu sportlicher Anstrengung, fast gänzlich.
Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit. Die Energie insgesamt wird gedrosselt. Wer raucht merkt dies spätestens beim ärztlichen Grundcheck, wenn das Messergebnis deines Atemvolumens besagt: weit unter Soll-Wert und nicht altersgemäß!
Das Rauchen verstärkt eine Tendenz, die ohnehin durch die Hektik des Alltags passiert. Beim Hetzen von einem Termin zum nächsten kommen die Bedürfnisse des Körpers oftmals unbewusst zu kurz. So reicht die Zeit für frisch zubereitete qualitativ hochwertige Ernährung bald ebenso wenig aus wie für gutes Training des Skelett- und Muskelapparats. Lange tiefe Atemzüge, wie sie bei Babys und Kindern noch selbstverständlich sind, werden zur Ausnahme.
Dies alles passiert bei Raucherinnen und Rauchern im Zeitraffer. Das Einatmen von Zigarettenrauch ist für den Organismus grundsätzlich bedrohlich. Willentlich zwingen wir den Körper jedoch den Schadstoffcocktail in die Lunge vordringen zu lassen. Sein Versuch sich dagegen zu schützen: allzu tiefes Einatmen wird vermieden – was sehr schnell zur Gewohnheit wird.
Medizinisch hat die Atmung die Aufgabe den Sauerstoff über den Blutkreislauf zu allen Zellen zu transportieren und auf dem Rückweg die verbrauchte Luft als Kohlendioxid wieder abzugeben. Sauerstoff ist der Brennstoff, der uns am Laufen hält. Nur ein Viertel der Arbeit, die unsere Zellen verrichten, werden übrigens für aktive Betätigung benötigt. Der Rest stellt das Funktionieren der Organe, des Immunsystems, des Stoffwechsels, das Halten der Körpertemperatur und vieles mehr sicher. Deshalb ist eine umfassende Sauerstoffversorgung buchstäblich lebenswichtig.
Unsere Lungen können bis zu 8 Liter Luft aufnehmen, was z. B. Athleten oder auch geschulte Sänger mühelos schaffen. Die meisten von uns atmen jedoch lediglich ein bis zwei Liter pro Atemzug und enthalten ihrem Körper damit regelmäßig bis zu 80 Prozent der möglichen Versorgung vor. Raucher verschärfen die Situation zusätzlich, da sie beim Rauchen durch den Mund inhalieren bzw. einatmen. Die Mundatmung ist jedoch vornehmlich dazu gedacht auszuhelfen, wenn die Nase verstopft ist oder bereits hart arbeiten muss. Diese hat aber andere wichtige Aufgaben, z. B. größere Partikel aus dem Luftstrom mit den feinen Nasenhärchen abzufangen und in den weiter oben liegenden Schleimhäuten die kleineren Partikel herauszufiltern. Die Nase erfüllt so neben dem Riechen die wichtigen Funktionen des Reinigens und der Erwärmung des eingeatmeten Luftstroms. Beides entfällt bei Rauchern fast gänzlich und belastet die Lunge zusätzlich.
Bei mangelndem Sauerstoff werden unsere Zellen nicht mit voller Kraft arbeiten. Ihre Fähigkeit zur rückstandsfreien Verbrennung reduziert sich schleichend. Es kommt zu Ablagerungen und zur Verlangsamung der Verdauung, was sich beides in Fettgeweben niederschlagen kann. Eine Notmaßnahme, denn: Fettzellen verbrauchen weniger Sauerstoff als etwa Muskelzellen. So wird das knappe Luftkontingent geschont. Auch schlanke Raucherinnen und Raucher können innerlich Fettzellen anhäufen, bevorzugt um die inneren Organe, was nach außen zunächst nicht sichtbar ist. Gefährlich bleibt es dennoch.
Fazit: Bei Rauchern ist das Luftvolumen durch flache Atmung reduziert, der Rauchstrom ist kälter und enthält noch außer den Schadstoffen des Qualms auch mehr Schmutzpartikel aus der Umgebungsluft. Die Selbstreinigungskraft der Raucherlunge wird behindert, weil sie bei Stress drastisch ihre Kapazität vermindert. Und das Anzünden jeder einzelnen Zigarette bedeutet für den Organismus tatsächlich puren Stress. Schließlich begünstigt zu wenig Sauerstoff Fettansammlungen, quasi aus „Notwehr“:
Bestimme heute doch einmal deinen natürlichen Atemrhythmus. Miss’ dazu mit der Stoppuhr wie lange du für zehnmaliges Ein- und Ausatmen benötigst. Forciere oder verlangsame dabei nichts, sondern atme einfach wir gewohnt.
Der ermittelte Wert geteilt durch 10 gibt die Länge deines persönlichen Atemzyklus an. Beträgt er 1 -2 Sek., so bist du wahrscheinlich etwas gestresst oder gerade körperlich beansprucht. Liegt er bei 5 Sek., deutet das auf entspanntes Atmen hin.
Je öfter du deinen Atemzyklus bewusst beobachtest, desto schneller stellt sich eine tiefere und effizientere Atmung ein – mit allen positiven Auswirkungen auf Körper und Geist. Probieree auch gleich einmal die nachfolgenden Atemübungen aus!
Ich wünsche dir einen ruhigen Atem!
Deine Regina Hildebrandt
Übungen für den Atemtrakt
Bei der Vorbereitung auf deinen Rauchstopp widmen wir uns zunächst der Atmung. Nachdem du gestern deinen natürlichen Atemrhythmus bestimmt hast, geh’ heute einen Schritt weiter und nutze zusätzlich die folgenden drei sehr effektiven Übungen, um deine Lungen wieder zu alter Form und Leistung zurückzubringen. Diese können helfen das Lungenvolumen zu vergrößern, Schadstoffe auszuleiten und den Stoffwechsel zu normalisieren.
Übung 1: Die Yogi-Atmung
Diese Atemtechnik betrifft den Bauch- und Brustraum sowie den oft vernachlässigten Bereich unter den Schlüsselbeinen.
Lege dich bitte auf einer bequemen, aber nicht zu weichen Unterlage flach auf den Rücken. Platziere nun eine Hand auf den Bauch, knapp oberhalb des Nabels, die andere Hand auf die Brust, zwei Fingerbreit unterhalb der Schlüsselbeine. Atme nun bewusst durch die Nase tief in deinen Bauch ein, sodass die untere Hand etwas angehoben wird. Die Hand auf der Brust bleibt ruhig liegen. Auch Schultern, Nacken, Stirn und Zunge sind entspannt. Atme ein, bis dein Bauch anschwillt. Dann atme aus. Wenn es angenehm ist, atme durch den Mund aus.
Beim nächsten Atemzug konzentriere dich auf deine Brust. Atme tief in den Brustraum und kontrolliere, wie sich jetzt die obere Hand leicht anhebt, während die Hand auf dem Bauch unbewegt bleibt. Atmen ruhig wieder aus.
Der letzte Teil der Einatmung passiert im oberen Teil der Brust. Mache deiner Atemluft hier Platz, indem du die Schlüsselbeine ein wenig anhebst. Dies geht am besten, wenn du zuvor zunächst in den Bauch und dann in die Brust einatmest. Halte dort die Luft und sauge noch etwas mehr unter die Schlüsselbeine ein.
Lass’ anschließend die Luft aus deiner Lunge wieder herausfließen, ohne es aktiv zu steuern . Der Luftstrom verlässt den Körper nun in umgekehrter Reihenfolge: Zunächst aus dem oberen Lungenbereich, dann aus dem Brustraum und zuletzt aus dem Bauch. Der Übergang soll so weich und sanft wie möglich sein.
Probiere drei harmonische Atemzüge hintereinander: Durch die Nase Einatmen in den Bauch, dann in die Brust und zuletzt unter die Schlüsselbeine. Dann dem unwillkürlichen Impuls folgen und sanft von oben nach unten wieder Ausatmen.
Die Übung kräftigt nicht nur Bauch- und Brustmuskulatur sowie das Zwerchfell; sie vertieft auch die unbewusste Atmung und erhöht damit das Luftvolumen.
Übung 2: Die Blasebalg-Atmung
Mit dieser Atmung wird der Luftstrom ebenfalls durch die Bauchmuskulatur, die Brustmuskeln und das Zwerchfell erzeugt. Sie reinigt vor allem die Lunge und im Nebeneffekt auch noch Magen, Darm und andere innere Organe.
Zum Beginn atmen Sie einmal lang und tief ein und aus. Nach dem nächsten Einatmen halten Sie die Luft ein und ziehen das Zwerchfell kurz und kräftig hoch, sodass ein Teil der Luft unwillkürlich aus der Nase entweicht. Lassen Sie dieselbe Menge Sauerstoff jedoch sofort wieder durch die Nase einfließen, sobald sich das Zwerchfell entspannt hat. Sie können sich auch vorstellen, beim Anziehen des „Blasebalgs“ Ihren Bauchnabel in Richtung Wirbelsäule zu ziehen; das hat denselben Effekt. Wiederholen Sie in schneller Abfolge die Bewegung. Anfangs schaffen Sie vielleicht nur drei bis vier Blasebalg-Bewegungen am Stück. Versuchen Sie 10 bis 15 dieser Ultra-Kurzatmungen und steigern Sie die Anzahl vorsichtig, wenn Sie sich an die Übung gewöhnt haben. Versierte Yogis machen die Blasebalg-Atmung mit 60 Mini-Atemzügen pro Minute. Sie befördert vor allem Kohlendioxid aus dem Körper.
Übung 3: Die Ich-wünsch-mir-was-Atmung
Diese Atemvariante reichert den Körper sehr wirkungsvoll mit Sauerstoff an. Sie funktioniert mit einer Zähltechnik wie folgt:
Nimm einen langen, tiefen Bauchatemzug, indem du durch die Nase einatmest und zähl’ dabei z. B. bis 5. Halte den Atem viermal so lange an, zähle also bis 20.
Atme zweimal so lange aus, wie du eingeatmet hast: also zähle bis 10.
Um es weniger langweilig zu gestalten, denk dir einen Satz aus, der einen Wunsch enthält und 5 Sekunden dauert. Vielleicht: „Meine Lunge ist stark und sauber“. Diesen denkst du beim Einatmen; dann hältst du den Atem an und sagst dir im Geiste: Meine Lunge ist stark und sauber – zum Ersten, meine Lunge ist stark und sauber – zum Zweiten, dann noch einmal den Satz zum Dritten und zum Vierten. Beim Ausatmen denkst du den Satz nur zweimal.
Wenn du diesen Zyklus 3-mal täglich für jeweils 10 Atemzüge trainierst, am besten nach den Mahlzeiten, flutest du nicht nur alle Zellen mit Sauerstoff, sondern kurbelst auch die Ausscheidung von Schadstoffen an und bringst obendrein deinen Stoffwechsel ordentlich auf Trab – ganz ohne Zigarette.
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